Refugium auf dem Pilgerweg ist eine schöne Sache. Diese Unterkünfte sind mit wenigen Betten ausgestattet und bieten dem und der gemeinen Pilger*in eine günstige Alternative zu Gästezimmern oder Campen. Eingerichtet werden sie, in der Regel von der Gemeinde oder kirchlichen Einrichtungen und betrieben werden sie entweder von Mitarbeitern oder Angestellten der Gemeinde, die dann die Übernachtungsgebühr kassieren und die Regeln erklären. Hier hat man die beste Gelegenheit auch andere Mitpilger kennen zu lernen. Da Pilger in der Regel alleine laufen und tendenziell männlich, weiß und kommunikationsarm auftreten, ist dies eine sehr interessante Erfahrung. Viel schöner jedoch sind Unterkünfte mit Gastgebern, hier werden die Refugien von einem Netzwerk von Volontären betrieben, die von überall aus Frankreich jeweils für 14 Tage eine Herrberge betreuen. Sie heißen dich in der Herberge willkommen und reichen ein Abendessen und ein Frühstück und sind einfach für einen da. Alle Volontäre müssen selbst den Camino bereits gegangen sein (meist mehrfach) und können so ein guter Ratgeber sein.
Sie hatten in ihrem Leben verschiedene Berufe und so entstehen interessante Gespräche über viele Themen. So sprachen wir mit Phillippe aus Nantes, einem pensioniertem Bankangestellten. der in seiner Arbeit Unternehmensfinanzierungen organisierte, in einem Baucontainer der besonderen Art, einen Abend über Politik & die Situation in Palästina.

In Sorges, der heimlichen Trüffelhauptstadt, lag das Refugium im Haus des Pilgers direkt angrenzend zum Rathaus gegnüber der Kirche. Uns begrüßte eine rüstigen 70jährige Dame aus Paris, Vallerie; die hier seit 12 Jahren den Volontär in den ersten Maiwochen gibt. Sie führte ihr Refugium klar und mit strenger Hand und sorgte dafür, dass hier jeder zu seinem Recht kommt. Sie erzählte über die Entwicklung des Refugiums in den Jahren, das durch ihr Ehrenamt entstandene Netzwerk, welches sie pflegt und über die Sanierung der wunderschönen Kirche. Dies veranlasste sie uns auch gesangstechnisch ihre Künste zum Besten zu geben. Vor dem Schlafengehen gab es noch als Nachspeise frisch gebackenen Apfelkuchen.

In Perigueux einer Großstadt war das Refugium wieder anders organisiert. Mitten in der Großstadt ist in einem unscheinbaren Wohnhaus das Refigium untergebracht. Man klingelt und am Fenster aus dem ersten Stock erscheint ein langhaariger, vollbärtiger Riese, eine Mischung aus Harry Rowolt, Hagret aus Harry Potter und Karl Marx. Pfeifend kommt er die Treppe herunter und öffnet die Tür. Nach der Anmeldung erhalten wir ein Zimmer und haben die Möglichkeit entweder zu kochen oder aber in der Stadt etwas zu Essen. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse beschliessem wir in der Stadt zu essen und so entgeht uns an diesem Tag die Pilger-WG-Erfahrung. Das Frühstück ist am nächsten Morgen um 7.30 Uhr. Hierfür wird der Konferenztisch geräumt und Hagred trohnt am Tischende in seiner gemütlichen fröhlichen Art. Es kommt ein bisschen eine Stimmung von verschworener Gemeinschaft auf, bevor alle sich vom Tisch erheben und ihrer Caminowege gehen während Karl Marx den Abwasch macht und seine „Comune“ für die nächsten Pillger am Abend vorbereitet.